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Heft 2 der "Mitbestimmung": interessant zu lesen

Blick in das das Heft Nr. 2 des Magazins der Hans-Böckler-Stiftung „Mitbestimmung“

Die zentralen Artikel der neuen Ausgabe sind – mal wieder – der Digitalisierung der Arbeit gewidmet. Dass dies notwendig ist, zeigen die aufgeführten betrieblichen Beispiele, gewerkschaftliche Aktivitäten und wissenschaftliche Analysen. „Faire Arbeit im Testlauf“ – so heißt der Artikel zum Start-up „Testbirds“ in München. 65 festangestellte Beschäftigte und 10.000 freie Cloud-Arbeiterinnen und Arbeiten zeigen die Dimension der schönen neuen Arbeitswelt. Vanessa Bart von der IG Metall und Charly Brandl von ver.di verdeutlichen, wie über gewerkschaftliche Organisationsgrenzen hinweg zusammengearbeitet wird, denn diese Unternehmen orientieren sich in ihrer Wertschöpfung nicht mehr an Branchengrenzen, sondern lassen einfach in der „Wolke“ produzieren. „Mister Cloud“ – so wird Professor Jan M. Leimeister (Universität Kassel) auf Grund seiner schon zahlreich durchgeführten Untersuchungen zur „Cloud-Arbeit“ charakterisiert. Seine Forschung betritt durchaus Neuland, denn sie befasst sich mit neuen Arbeitsformen im weitgehend rechtsfreien Raum. Sie kann die Arbeitswelt massiv verändern, intern Beschäftigte gegen externe „Wolkenarbeiter“ gegeneinander ausspielen. Im Artikel wird berichtet, dass er sich vorstellen kann, wie neue Formen der Mitbestimmung entstehen, die über Branchengrenzen hinausgehen.

Doch ist es wirklich neu, dass die Macht bei den Auftraggebern liegt, auf der Seite der Auftragnehmer eine Zweiklassengesellschaft entsteht? Ihm schwebt ein Szenario von „Graswurzel-Aktivitäten vor, die ohne Institutionalisierung auskommen“. Aus dem Artikel geht schließlich auch hervor, dass es in der von der Hans-Böckler-Stiftung und dem DGB einberufenen Kommission „Arbeit der Zukunft“ kontroverse Einschätzungen zur Bedeutung von Crowdwork gibt. Prof. Gerhard Bosch warnt vor einem „schlecht bezahlten ‚Cybertariat‘“, das letztendlich „die Sozialsysteme belasten wird“, gleichwohl meint er, dass der Anteil von Crowdwork am Arbeitsmarkt auch in Zukunft im unteren einstelligen Prozentbereich liegen wird. Derweilen wird in manchen Unternehmen munter mit internen und externen Crowdsourcing-Plattformen experimentiert. Der Artikel „Die Macken der Prototypen“ zeigt am Beispiel Daimler und IBM wie auf Kosten z. B. der Entwickler unheimlich viel durchprobiert wird, der Grad der Arbeitsteilung in eine neue Dimension getrieben wird und wie der Kontrollwahn zunimmt.

Abgeschlossen wird das Heft mit vielen interessanten weiteren Artikeln wie etwa der zu „Detroit – eine Stadt stemmt sich gegen ihren Niedergang“, den Hinweis auf die Verabschiedung von Gerhard Bosch in den Ruhestand oder wie Prof. Martin Baethge zum „Akademisierungswahn“ Stellung nimmt. Mehrere Buchvorstellungen – darunter zu „Das demokratische Unternehmen“, herausgegeben von Thomas Sattelberger und Andreas Boes oder „Das Kapital des Staates“ von Mariana Mazzucato– runden die Lektüre erkenntnisbereichernd ab. Untern Strich ein sehr lesenswertes Heft.

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