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Gerhard Finking

05.06.2014

Die Entwicklung der HdA Programme

HdA: Initiativen, Programme, Ergebnisse

Mit dem Ende des Wiederaufbaus in Deutschland in den 1960ger Jahren wurde die aktive Mitwirkung der Beschäftigten in Wertschöpfungsprozessen vor allem in der Industrie zu einem wesentlichen Faktor der weiteren Produktivitätssteigerung einerseits und einer qualitativen Verbesserung der Arbeitsverhältnisse andererseits. Mit dem Betriebsverfassungsgesetz war bereits eine institutionelle Grundlage für eine weitergehende Beteiligung der Arbeitnehmer und auch ihrer Vertreter an der Gestaltung betrieblicher Strukturen und Prozesse gegeben. Hier lagen bereits Erfahrungen vor bei der gesundheits- und qualifikationsförderlichen Gestaltung von Arbeit. Mit dem 1974 gestarteten Aktions- und Forschungsprogramm "Humanisierung des Arbeitslebens" - kurz: HdA - fand dann ein Paradigmenwechsel in Richtung einer menschengerechten Gestaltung von Arbeitsstrukturen, Arbeitsprozessen und Lebensbedingungen statt. Damit wurde auch der Forderung des Betriebsverfassungsgesetzes entsprochen: "menschengerechte Arbeits- und Technikgestaltung nach gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen".

Die Entstehung des Programms HdA war einerseits Ausdruck der sozialen und politischen Emanzipationsbestrebungen jener Zeit, andererseits aber auch Folge eines immer stärkeren Strukturwandels in der Betriebs- und Arbeitsorganisation. Die alten hierarchischen Betriebsstrukturen und die tayloristischen Produktionskonzepte waren immer weniger den Anforderungen wettbewerbsintensiverer Märkte und flexibler Qualitätsproduktion gewachsen. Dieser andauernde Transformationsprozess von Wirtschaft und Arbeit hat dazu beigetragen, dass der Ansatz des HdA - Programms über drei Jahrzehnte in Nachfolgeprogrammen (Arbeit und Technik) allerdings mit neuen und weniger emanzipatorischen Zielsetzungen weitergeführt worden ist. Im HdA-Programm wurde gezeigt:

  • die Wirksamkeit kooperativer Strukturen sowohl auf der Arbeitsebene als auch der Betriebs- und Branchenebene für die Gestaltung von Arbeitsprozessen, Arbeitsbedingungen, technischer und organisatorischer Entwicklung;
  • praktische Umsetzungsmöglichkeiten in den großen Branchenprojekten zur Einführung neuer Arbeitsstrukturen z.B. in der Bekleidung- und Gießereiindustrie mit neuen Konzepten der Schädigungslosigkeit und Beeinträchtigungslosigkeit;
  • Gruppenarbeit als Konzept zur Ablösung v.a. monotoner und einseitig belastender Tätigkeiten einerseits und andererseits auch als Instrument der Produktivitätssteigerung und Integration neuer Technologien;
  • Flexibilitätskonzepte für inner- und zwischenbetriebliche Vernetzung von Wertschöpfungsprozessen, einer differenzierten Arbeits- und Arbeitszeitgestaltung, verbunden mit dem humanisierungsorientierten Ziel, Qualifikationen zu fördern, Arbeitsinhalte zu erweitern, Handlungsspielräume zu vergrößern und Beteiligungen der Beschäftigten an der Arbeitsgestaltung zu ermöglichen.

Der verstärkt seit 1990 unter dem Einfluss internationaler Konkurrenz und technologischer Innovationen (vorwiegend aus den USA) einsetzende Strukturwandel hat mit Konzepten der schlanken Produktion, Flexibilisierung der Arbeit, Gruppenarbeit, Jobenrichment, Selbstorganisation von Arbeitsprozessen, Erweiterung von Handlungs- und Entscheidungsspielräumen viele Ansätze verwirklicht, die auch im HdA Programm erprobt worden waren. Diese Entwicklung erfolgte jedoch nicht in dem humanistischen und kooperativen Ansatz des ursprünglichen HdA-Programms, sondern deutsche Unternehmen übernahmen diese Konzepte weitgehend von japanischen und amerikanischen Unternehmen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Letztlich ist ein eigenständiger deutscher Ansatz zur Verknüpfung von Produktivitätsgestaltung, Wettbewerbsfähigkeit, Technologieentwicklung und -gestaltung sowie kooperativen Arbeitsverhältnissen nicht erreicht worden. Der gewerkschaftliche Ansatz" gute Arbeit" (seit 2003) ist hauptsächlich ein Konzept gegen die Verschlechterung von Arbeitsstandards und -bedingungen in den neuen Wirtschafts- und Arbeitsstrukturen.

Mit der Wirtschaftskrise 2008 beginnt ein neuer weit reichender struktureller Wandlungsprozess der Weltwirtschaft der u.a. durch eine neue Konstellation von Produktivitätsentwicklung, Mensch - Technik - Interaktion, Qualifikationen und Arbeitsorganisation gekennzeichnet ist. Hier ergeben sich auch neue Chancen, die emanzipatorischen und Beteiligungsziele der ursprünglichen HdA Programme wieder aufzugreifen und praktisch umzusetzen.

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